Die letzten drei Wochen unserer Radreise durch Europa sind Flo und ich durch Finnland und Schweden geradelt. In Schweden hatten wir zwei Wochen eine Begleitung durch Thomas, dem Bruder von Flo. Nach den vielen Städten im Baltikum war Schweden eine willkommene Abwechslung, da es hier eigentlich nicht viel gibt außer Wäldern und Seen. Es war herrlich :-)
Von Tallinn aus gings also mit der Fähre nach Helsinki in Finnland. Was uns hier sofort aufgefallen ist war, dass es sooo viel teurer als in Polen und im Baltikum war. Andererseits gab es plötzlich überall Radwege, was wieder ziemlich super war. In Helsinki haben wir uns nicht lange aufgehalten und sind quer westlich Richtung Turku gefahren. Hier wollten wir mit der Fähre nach Stockholm hinüberfahren. Der Eindruck, den wir von den paar Tagen in Finnland gewonnen haben war sehr positiv und es wäre definitiv eine eigene Reise wert. Aber wir wollten ja rechtzeitig in Stockholm sein, da Thomas, der Bruder von Flo uns dort treffen würde.
Unser Start in Schweden fing dann, naja wie soll ich sagen.... etwas durchwachsen an :-)
Es hat damit begonnen, dass Thomas in Stockholm zwar gut angekommen ist, sein Rad und Zelt beim Flug aber verloren gegangen sind. Da Flo und ich ein riesiges Luxuszelt mit haben, war es zunächst nicht so ein großes Problem, da Thomas bei uns schlafen konnte. Wir haben uns dann Stockholm angeschaut, das auch "Venedig des Nordens" genannt wird. Es ist wirklich nett mit all den Kanälen und dem Meer in der Stadt. Andererseits gibt es auch hier - wie in Venedig - tausende Touristen. Dazu hatte es über 30° und das ganze war schon ziemlich anstrengend. Flo und ich haben leider einen ziemlichen Sonnenstich bekommen und dann die halbe Nacht am Klo des Campingplatzes verbracht. Zum Ausgleich war Thomas verkühlt und hat sich mit Halsweh und Husten herumgeschlagen. Wir waren quasi das Invaliditätszelt :-)
Nach ein paar Tagen gings uns aber allen wieder besser und irgendwann wurde auch (nach vielen Telefonaten) das Rad und Zelt von Thomas geliefert. Juhuu, jetzt konnte uns nichts mehr aufhalten! Wir haben uns dazu entschieden, quer durchs Land Richtung Dänemark und Kopenhagen zu fahren. Und es war sooo schön!
In Skandinavien besteht - wie auch im Baltikum - das Jedermannsrecht (siehe auch hier meinen Beitrag über "Bunte Häuser, viel Natur und nette Bekanntschaften: das Baltikum"). Das bedeutet, dass es gesetzlich erlaubt ist, mit dem Zelt in der Natur, an Seen, am Meer usw.... zu übernachten. Man sollte nur außer Sichtweite von Häusern sein. Und das Land eignet sich perfekt dafür. Wir sind quer durchs Landesinnere in wenig touristische Gebiete auf feinen kleinen und sehr hügeligen Straßen geradelt. Alle paar Kilometer ist uns ein Auto begegnet, oft waren wir aber lange komplett allein und haben nur Rehe über die Straße springen sehen. Wir mussten immer gut planen, sodass wir genug zu essen und trinken hatten weil es teilweise die nächsten 50 Kilometer einfach nichts gab. Landschaftlich war fast überall Wald, es gab steinige Almenlandschaften mit Kühen und alle paar Kilometer einen glasklaren See mit kleinen Inseln. Fast jeden Abend fanden wir einen wunderschönen und einsamen Platz an einem See, wo wir schwimmen waren, den Sonnenuntergang beobachtet und gezeltet haben. Leider konnten wir in der ganzen Zeit in Schweden kein Lagerfeuer machen da aufgrund der vielen Waldbrände ein absolutes Feuerverbot bestand. Teilweise konnten wir nicht einmal unseren Benzinkocher verwenden da auch das verboten war. Wir wurden dann ganz kreativ in der Rohkostküche :-)
Das wild Campen war auf jeden Fall noch nie so einfach wie in Schweden. In Polen zb. ist alles landschaftlich verbaut und es war manchmal schwer, einen netten Platz zu finden. Prinzipiell ist es auch gesetzlich nicht erlaubt und man müsste immer auf einen Campingplatz gehen (hier findest du meinen Blogbeitrag über "Auf holprigen Wegen durch Polen"). Wir haben einmal mangels Alternativen auf dem Fußballplatz in einem Dorf übernachtet. Gut geschlafen hab ich dabei aber auch nicht weil ich immer Angst hatte, entdeckt zu werden. Auch in Polen fanden wir ein anderes Mal ein schönes Waldstück, wo wir den Hügel über die Büsche hinaufgekraxelt sind. Es war ein wunderbares Plätzchen mit Heidelbeeren zum Naschen. Doch in der Früh um 5 Uhr wurden wir vom Geräusch von Kettensägen und umfallenden Bäumen aufgeweckt. Ahh schnell raus, alles zusammengepackt und weitergefahren. An der Einfahrt vom Wald sahen wir dann ein Schild: "Einfahrt verboten, Waldarbeiten". Hmm naja, so lernt man jeden Tag dazu. In Finnland haben wir eine Nacht auf dem Parkplatz eines Nationalparks übernachtet. Um 12 Uhr Mitternacht fragt Flo mich plötzlich: "Gibts in Finnland eigentlich Bären?" Ahhh Schweißausbruch, schnell recherchiert: Ja, es gibt Bären und ja, auch in diesem Nationalpark. Wir haben dann eine Tasche mit allem Essen gepackt und sie 100 Meter weiter hingelegt da Bären vom Essensgeruch angelockt werden können. Am nächsten Tag haben wir mit einem finnischen Radler über das Thema geplaudert. Der meinte, dass er noch nie über das nachgedacht, auch in der Wildniss immer das Essen im Zelt lässt und noch nie Bären gesehen hat. Danach waren wir auch wieder entspannter :-)
Was mir in Schweden besonders gefallen hat, war die Ruhe und die Gemütlichkeit. Es ist herrlich, in der Früh aufzustehen und einen glitzernden See zu sehen, eine Runde zu schwimmen und dann in der Stille des Waldes zu frühstücken. Danach wird langsam das Zelt abgebaut, zusammengepackt und die Route des Tages geplant. Das Radfahren in Schweden war richtig toll, da die Straßen super ausgebaut, wenig befahren sind und durch wunderschöne Landschaften gehen. Ab und zu sieht man kleine rote Häuschen im Wald und am Straßenrand. Städte gibt es so gut wie keine hier. Am Abend findet sich wieder ein kleiner oder größerer See, der zum baden und campen einlädt. Bei so einer Radreise beschränkt man sich aufs Wesentliche: essen und trinken organisieren, Radroute planen und Zeltplatz finden. Das reicht dann eigentlich aber auch. Ab und zu spielen wir am Abend Karten oder ich lese manchmal an einem Pausetag ein Buch. Gedanken an die Zukunft kommen nicht viele auf, was ich im Moment sehr genieße. Um kulturell auch ein bißchen was von Schweden mitzubekommen, sind wir einen Tag in die "Astrid Lindgrens värld" gegangen, wo wir uns Theaterstücke von Pippi Langstrumpf, Michl aus Lönneberga und Ronja Räubertochter angeschaut haben. Man muss sich eben auch auf so einer Reise ein wenig kulturell weiterbilden :-)
Thomas hat von zu Hause eine Angelrute mitgenommen da es in Schweden am Meer erlaubt ist ohne Genehmigung zu angeln. Thomas und Flo waren hoch motiviert und ein paar Tage lang war das Angeln Thema Nummer eins bei den beiden. Die ersten Versuche waren leider nicht sehr erfolgreich und wir mussten doch wieder Nudeln kochen. Doch dann haben wir uns an einem See ein Boot ausgeliehen und vom Besitzer viele Tipps erhalten. Und tatsächlich: Fische haben angebissen. Es war jedes Mal ein kleines Drama: "Heey es hat einer angebissen!" "Schnell wo ist der Kescher?" "Ahh der zappelt so viel!" "Wo ist das Messer??" "Aua er hat mich gestochen!" Aber es hat irgendwie doch funktioniert und am Abend hatten wir drei Barsche am Griller. Und damit war das Thema Fischen wieder abgeschlossen (was mir auch ganz recht war hihi).
Nach zwei ruhigen Wochen in der Natur Schwedens kamen wir dann mit der Fähre von Helsingborg nach Helsingør in Dänemark. Wir sind schon gespannt, wie es weitergeht und freuen uns sehr auf Dänemark, da es für RadlerInnen ganz toll sein soll. Und hyggelig :-)
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Alex (Sonntag, 12 August 2018 20:52)
Good stuff! Sorry to hear you all got a bit sick.
There's a problem with the text, last lines of the 3rd to last paragraph.
Claudia (Sonntag, 12 August 2018 21:13)
Wow des klingt echt traumhaft� Freu mi, dass ihr so a schöne Reise habt! Schick euch ganz liebe Grüße aus'm Ländle und wünsch euch no viele schöne Wege, Seen und Orte die ihr bereist☀️
Claire (Montag, 13 August 2018 10:31)
Hello! It's great to read about your bike trip! (ahah I started late, catching up following you) It's so inspiring! Keep riding and enjoying :D
À bientôt !
Alex (Montag, 13 August 2018)
Ah, nevermind Anna. The original text is fine. It was just that google translate glitches and repeats a line 3 times, where that smiley is. Google works in mysterious ways... :) Sorry, I didn't think to check the original german text before the comment.
Iak (Montag, 13 August 2018 22:12)
Hi, das schönste an der richtig gelebten Gegenwart ist doch, dass sie zu einer schönen Erinnerung und. der Basis für das ganze weitere Leben wird. Ihr macht es ganz sicher richtig :-) Viel Erfolg und viele Erlebnisse auf der weiteren Reise wünscht ich euch!
Liebe Grüße aus Wien vom Iak
Radlerin (Dienstag, 14 August 2018 08:14)
Hi an alle :-)
@Alex: thanks for the notice, I am glad if somebody tells me if there is something not working on the blog. You can practice your German then you don't need Google translate haha
@Claudia: danke, wünsch dir/euch auch schöne Grüße ins Ländle zurück :-)
@Claire: So nice to hear from you. In a few weeks we will be in France and we are looking forward to visit all the places you recommended!
@Iak: Stimmt schon, wir haben viele schöne Erlebnisse die zu schönen Erinnerungen werden. Gestern zb war bei unserem Schlafplatz eine Fledermaus Invasion. War aber auch a bissl furchteinflößend :-)
Petra (Freitag, 24 August 2018 12:14)
Hallo nach da oben im Norden!
Es ist unglaublich was ihr da alles schönes am Wegesrand mitnehmt! Super! Mich frisst regelrecht der Neid ;-)! Viel Spaß noch beim Erkunden! Ich bin schon gespannt was ihr noch so erlebt! lg aus dem noch sonnigen Wien
Radlerin (Samstag, 25 August 2018 08:48)
Hallo Petra,
Danke, ich bin auch schon gespannt was noch so passiert :-)
Bei uns im Norden wirds schon etwas frischer und herbstlich, mal schauen wie es uns bei der Kälte im Zelt dann geht :-)
Viele liebe Grüße aus Hamburg nach Wien!