Da Flo und ich uns im Moment schon auf der Fähre von Finnland nach Schweden befinden, ist es höchste Zeit für eine kurze Bilanz über unsere Radreise durchs Baltikum. Unser Weg hat uns über Polen nach Litauen, Lettland und dann Estland geführt. Zusammenfassend kann man sagen, dass uns die baltischen Staaten sehr gut gefallen haben und sich auch für eine Radreise wunderbar eignen (solange man die Tour gut plant und sowohl die großen Straßen als auch die Sandwege meidet hihi).
Nachdem wir die Grenze von Polen nach Litauen über einen Feldweg gequert hatten waren wir also da. Wieder ein neues Land, wieder vieles anders. Aufgefallen sind uns als erstes die vielen bunten kleinen Holzhäuschen die am Land überall stehen. Es ist zwar bemerkbar, dass es auch hier - wie in Polen - ärmere Gebiete gibt, doch alles wirkt sehr lieblich und gepflegt. Und die Straßen waren auf einmal nicht mehr so holprig wie in Polen, juhuu (zum nachlesen mein letzter Blogbeitrag: "Auf holprigen Wegen durch Polen").
Unsere ersten Tage in Litauen haben wir bei strömenden Regen und frostigen 8° Tagestemperatur auf einem Campingplatz verbracht. Es hat sogar ein wenig in unser Zelt geregnet. Trotzdem wars sehr nett. So wurden wir zb. gleich nach Ankunft von unserem Campingnachbarn auf Kaffee und Schokolade zum Aufwärmen eingeladen. Und wir haben Paul, einen Radreisenden aus Deutschland getroffen. Gemeinsam haben wir die 3 Tage gekocht, Feuer gemacht, geplaudert und auf schöneres Wetter gewartet. Und dann gabs da noch Wurschti, den Campinghund. So haben wir ihn genannt weil er scheinbar ein Streuner ist, der am Campingplatz lebt. Seine Strategie ist unaufällige Seduktion. So war er einfach immer irgendwie da, hat sich am Lagerfeuer hergekuschelt, hat einen aufs Klo und wieder zurück begleitet, Feinde (zb. Frösche und andere Camper) für uns vertrieben und in der Nacht hat er im Vorzelt geschlafen. Wir haben überlegt ihn mitzunehmen aber als wir abgereist sind ist Wurschti einfach zu den nächsten Campern gelaufen. Wir waren so begeistert von Wurschti, dass wir sogar ein Lied über ihn komponiert haben. Vorsingen ist gegen ein Honorar möglich, Anfragen bitte übers Kontaktformular ganz unten :-)
Unser ganzer Aufenthalt im Baltikum war eigentlich von sehr netten Begegnungen und Bekanntschaften geprägt. In Polen waren wir meist allein und abseits von touristischen Pfaden unterwegs und so manche Bäuerin am Land hat nur verständnislos den Kopf geschüttelt, wenn sie uns mit Sack und Pack vorbeiradeln sah. Nur einmal haben wir am Weg nach Nordpolen andere Radreisende getroffen und wir haben uns alle so darüber gefreut, dass wir eine halbe Stunde auf der Straße stehen geblieben sind und geplaudert haben. Es kam uns daher hier im Baltikum alles ein wenig aufgeschlossener vor, wahrscheinlich auch weils touristischer ist. So hatten wir ebenso am Campingplatz in Riga, der Hauptstadt von Lettland, viele nette Gespräche und neue Bekanntschaften geschlossen. Wir haben Paul wieder getroffen und einen Tag mit Deirdre, einer Radreisenden aus Kanada, verbracht. Bis jetzt sind wir alle regeläßig in Kontakt und berichten gegenseitig über unsere Erfahrungen. Dann gabs da noch ein australisches Pärchen in Pension, die bereits seit 7 Jahren durch die Welt reisen... ziemlich beeindruckend finde ich. In Estland haben wir Bekannte aus Wien, Triin und Chris mit ihrem Baby getroffen, die auf Heimaturlaub in Pärnu waren. Pärnu ist die Sommerhauptstadt Estlands und ich kam mir wirklich wie im Italienurlaub am Strand bei 32° vor. Obwohl es doch sehr ungewöhnlich ist, dass es so weit im Norden soo warm ist. Jedenfalls hatten wir eine schöne Zeit in Pärnu und wir haben uns alle später auch nochmal in der Hauptstadt Tallinn getroffen. Eine andere nette Begegnung war auf einem Campingplatz im Norden Estlands. Wir haben auf einem RMK Campingplatz übernachtet. Diese werden vom Staat zur Verfügung gestellt, sind auf wunderschönen Plätzen in der Natur oder am Meer und sind komplett gratis. Da freut sich das Camperherz! Jedenfalls haben unsere Zeltnachbarn, ein junges Pärchen aus Tallinn, ein riesiges Loch in ihrer Luftmatratze gehabt. Super wie wir ausgestattet sind hatten wir natürlich Flickzeug dabei und das Loch repariert. So kamen wir ins Gespräch und die beiden haben uns dann für eine Übernachtung in ihre Wohnung in Tallinn eingeladen. Es verging also in den 3 Wochen Litauen, Lettland und Estland fast kein Tag ohne interessante Gespräche mit Reisenden oder Einheimischen.
Aber auch die Landschaft in den baltischen Staaten hat uns überzeugt. In Litauen gings meist etwas hügelig zwischen Feldern, Blumenwiesen, alten Burgen, Storchnestern, Seen, bunten Holzhäuschen und Wäldern dahin. Oft konnten wir gratis bei einem See oder Fluss zelten. Die Sonnenuntergänge am Wasser sind immer besonders spektakulär! Und es ist soo lange hell! Um Mitternacht wirds dann irgendwann mal vielleicht dunkel und um 4 Uhr früh ists schon wieder komplett hell. Im Zelt bin ich da sehr froh um meine Schlafmaske :-)
Was leider sehr nervig ist sind die Viecher (Gelsen grrrr). Sobald es dämmert kommen sie zu hunderten und wollen uns aussaugen. Das ist besonders nervig wenn man (räusper räusper) gerade sein Geschäft irgendwo im Wald erledigen möchte. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Gelsenstiche am Hintern nicht fein sind. Aber so ist das lustige Wildcamperleben eben.
In Vilnius, der Hauptstadt von Lithauen war gerade das Song- and Dancefestival, welches alle 4 Jahre stattfindet. Es war spektakulär, da zehntausende SängerInnen und TänzerInnen aus dem ganzen Land zusammengekommen sind, um gemeinsam ihr Land zu feiern. Die Stimmung war super. Von Vilnius aus haben wir uns dann auf den Weg nach Lettland und Riga gemacht.
Am Weg dort hin haben wir einmal auf einem gratis Campingplatz irgendwo in der Pampa übernachtet. Es war eigentlich sehr schön, bis wir auf der Bank folgendes entdeckt haben:
Flo und ich haben hin und her überlegt ob wir bleiben oder weiterfahren sollen. Mangels Alternativen blieben wir dann doch, nachdem wir unsere Räder doppelt und dreifach gesichert und einen
Schlachtplan für den Ernstfall geschmiedet hatten. Es hat eine Taschenlampe zum Blenden der Täter und einen brüchigen Ast involviert. Im Nachhinein war der Plan wohl nicht ganz bombensicher
:-)
Nach Riga hinein sind wir auf dem Pannenstreifen der vierspurigen Autostraße gefahren. Wir hatten nur zwei Möglichkeiten: riiiesige Straßen oder Sandwege. Und 100 km auf Sand- und Kiesrumpelwegen
ist einfach keine gute Idee. Nach dieser Erfahrung haben wir uns in Riga dann Rückspiegel gekauft, um einen besseren Rundumblick zu haben. Gerade auf so großen Straßen Gold wert!
Von Lettland haben wir dann eigentlich nur die Westküste ab Riga hinauf beradelt. Dafür ist es hier wunderschön mit Pinienwäldern und zahlreichen naturbelassenen Stränden. Am Abend haben wir uns immer ein Plätzchen am Meer gesucht, gebadet, gekocht und den Sonnenuntergang beobachtet. Es gilt im ganzen Baltikum das Jedermannsrecht, was heißt, dass wild campen offiziell erlaubt ist. Je näher wir nach Estland gekomen sind, desto mehr Wald gabs. Estland besteht ja zu 50% aus Wald und es leben 700 Bären in dem kleinen Land. Unser Radmaskottchen Stups der Bär hat sich sehr gefreut als wir endlich hier waren. Estland hat uns besonders gut gefallen und hier haben wir auch besonders viele andere Radler getroffen. Auch estnisch finden wir sehr lieb, zb. schreiben sie "Politsei" statt wie bei uns "Polizei" hihi.
Die Fahrt nach Tallinn an der Nordküste entlang war für uns dann etwas nervenaufreibend. Wir hatten für 15 Uhr eine Fähre von Tallinn auf die Insel Aegna gebucht. Aegna ist eine winzige Insel nördlich von Tallinn, wo es nichts außer Natur gibt. Also perfekt für einen feinen Campingabend. Leider hat es an dem Tag in Strömen geregnet. So stellten wir uns immer wieder mal unter, dann fuhren wir weiter. Die Zeit war leider schon etwas knapp. Damit wir auf der Insel kochen können mussten wir noch Benzin für unseren Kocher auftanken. Die Tankstelle war mit Selbstbedienung und Bankomatkarte. Nachdem man die Karte hineingesteckt hat, kann man um 100€ auftanken. Wir haben also um 62 Cent getankt und sind im Regen weiter geradelt. Nach einigen Kilometern wurde uns bewusst, dass wir den Tankvorgang nicht beendet haben. Es könnte also jeder herkommen und bis zu 100€ von unserer Karte tanken. Ahhh aber es hat geregnet und wir waren nass und spät dran, darum haben wir einfach auf die Ehrlichkeit der Esten gesetzt. Mit nassen Schuhen und Füßen gings rein nach Tallinn, dann zum falschen Hafen, danach zum richtigen Hafen und 5 Minuten vor Abfahrt der Fähre waren wir da. Puh! Unsere Belohnung für die Aufregung war Sonnenschein und eine wunderschöne kleine Insel mit viel Natur und Stränden, wo wir fast alleine übernachtet haben. Die nassen Schuhe haben wir den ganzen Abend am Lagerfeuer getrocknet und darüber philosophiert, wie wir auf dieser Insel überleben könnten wenn wir hier gestrandet wären, wie wir zu Trinkwasser und Essen kommen würden usw. Neben uns haben grad zwei Jungs gespielt und wir haben dann entschieden, dass wir sie nicht aufessen, sondern uns um sie kümmern würden :-)
Am nächsten Tag war dann der 30er von Flo, den wir natürlich gebührend mit Kuchen und danach mit einem feinen Hotel in Tallinn gefeiert haben. Nachdem wir zwei nette Tage in der mittelalterlichen Stadt verbracht haben, gings mit der Fähre weiter in den Norden nach Finnland. Und hier werden wir uns dann irgendwann wieder lesen..... bis dann :-)
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Karin Rader (Samstag, 28 Juli 2018 08:40)
....na Wahnsinn. Toll was ihr alles erlebt. Viel Spass weiterhin!!!!!! Alles Liebe Karin
Radlerin (Samstag, 28 Juli 2018 13:43)
Hallo Karin,
Ja es passiert schon einiges auf so einer Reise :-) danke und liebe Grüße nach Wien :-)
Martina (Montag, 30 Juli 2018 16:25)
Hallo Anna,
freu mich immer sehr, über eure Abenteuer zu lesen - sind total spannend geschildert - und Bilder mit dir zu sehen, dann hab ich abissi das Gefühl, dabei zu sein ;-)))
vor allem bin ich schon gespannt auf euer Wurschti Lied!! !:-)
Drücker aus Wien der Weltenbummlerin
Radlerin (Montag, 30 Juli 2018 19:18)
Hallo Martina,
Schön von dir zu lesen :-) das Wurschti Lied gibt's natürlich exklusiv wenn wir wieder daheim sind. Übers Budget müssen wir uns hald einigen ;-)
Glg aus Schweden (bissl unter Stockholm)!!
Christine (Dienstag, 31 Juli 2018 21:45)
Alles, alles Liebe zum 30er nachträglich Flo! So schön, eurer Reise über den Blog zu folgen. Ich hab grad herzlich gelacht und mich auch an die Sommerhauptstadt erinnert... super nice! Flos Rad ist derweil Gold wert für Alex, er ist ein wenig verliebt ;-) Danke, danke! Habt weiterhin eine eindrucksvolle und entspannte Reise! Ich wink euch aus dem Burggarten zu, Christine
JOHANN & EE (Dienstag, 31 Juli 2018 21:51)
Hallo FLORIAN!
WIR WÜNSCHEN DIR ALLES GUTE ZUM GEBURTSTAG!
SCHÖN EURE REISE MITLESEN ZU KÖNNEN.
DANKE UND WEITERHIN VIEL SPASS.
JOHANN UND EE
Flo (Mittwoch, 01 August 2018 23:05)
Danke für all eure Glückwünsche!
@Christine
Super, dass Alex das Rad Spaß macht. Hoffe es nimmt nicht zu viel von seiner Liebe in Anspruch ;-) Schönen Gruß an Alex (und das Rad).
Liebe Grüße, Flo
Ulli (Freitag, 03 August 2018 16:24)
Liebe Anna, super klingt das! An Radfahren im Baltikum hab ich noch gar nicht nachgedacht, bis ich euren Bericht gelesen hab. Klingt wirklich toll! Da stinkt meine Radreise durchs Salzkammergut von gerade eben ein wenig ab, da war alles sehr clean und gar nicht so einfach mit Campingplätzen - aber eh auch schön, keine Frage. Jedenfalls macht eure Reise Lust aufs Nachmachen! Viel Spaß noch und alles Liebe, viele Grüße aus dem sehr heißen Wien, Ulli
Christine (Samstag, 04 August 2018 10:54)
Happy weekend ihr zwei!
Ist die Kategorie Wochenende überhaupt noch ein wenig relevant für euch?
Ihr seid in Schweden... da komm ich gleich ins Träumen. Und ich hoff, die Stimmung ist optimistisch trotz Waldkatastrophe! Wieviel bekommt ihr da mit? Ich bin auch schon gespannt, ob ihr nach Göteborg oder Kopenhagen fahrt ;-)
@Flo: Jaa, ganze berufliche Perspektiven forciert dein Rad - so cool! Alex lässt euch auch grüßen!
Viel Freude auf den nächsten Kilometern im hohen Norden und liebe Grüße aus einem äußerst warmen Wien, Christine
Radlerin (Sonntag, 05 August 2018 08:23)
@Ulli: Radeln durchs Salzkammergut klingt auch super! Aber stimmt schon, es ist echt schade dass wir in Österreich das Jedermannsrecht nicht haben. Das Baltikum ist auf jeden Fall eine Reise wert :-)
@Christine: Ja Kategorie Wochenende ist noch relevant weil die Geschäfte nicht so lang offen haben :-) aber zumindest sind sie offen. Die Brände in Schweden werden schon weniger aber wir verfolgen die Situation jeden Tag. Bis jetzt hat's noch kaum Regen gegeben. Für uns heißt das, dass wir zb. keine Lagerfeuer machen oder mit dem Gaskocher kochen dürfen. Heute planen wir unsere restliche Tour durch Schweden.
Schöne Grüße euch beiden nach Wien :-)